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Samstag, 13. April 2019

German Angst: Muss ich jetzt mein Leben ändern?

Du musst gar nichts!
In den vielen Gesprächen die ich zum Thema methodisches Training geführt habe und führe, taucht beinah generell eine Art Ur-Angst auf, ob man denn als bisher reiner Feierabendläufer nun sein Leben komplett sklavisch dem Laufsport unterordnen muss, wenn man nicht mehr trantütig dauerlaufen, sondern strukturiert trainieren will.

Und außerdem will man ja keine Rekorde erzielen. Man will ja nur ein wenig laufen und mal nen Halbmarathon schaffen. Wenn überhaupt.

Da wird allen Ernstes gedacht, wer das trübe Einerlei seiner Dauerlauferei verlässt, ist nun automatisch auf stressiger Hatz nach Siegen, Titeln, Bestzeiten und es gibt alleinig mit dem Laufen nun einen neuen zentralen Lebensmittelpunkt, dem alles andere untergeordnet ist.

Es gibt in den Augen ganz Vieler also nur das eine Extrem (Herumjoggen) und das andere Extrem (Profisportler).

Um ehrlich zu sein, verstehe ich diese schwarz-/weiß Denkweise nicht!
Wie kommen beinah alle Hobbysportler darauf, wenn sie nun nach Plan trainieren würden, müssten sie ihr Leben nun vollkommen dem Laufen unterordnen, nur noch trainieren, nur noch Gesund- und Grünfutter essen und eigentlich immer Diät machen und sich mit nichts anderem mehr beschäftigen?

Wie kommt man auf so einen extremen und leider sehr weit verbreiteten Gedankengang?

Hey, bleib mal locker!!!! Zwischen schwarz und weiß gibt es eine Fülle von Farbvielfalt! Und die ist beileibe nicht nur grau, trübsinnig, vegan und abstinent! Salopp gesagt, zwischen Blümchensex und Orgie ist noch ganz viel dazwischen, oder?

Ich greife es in einem späteren Blogbeitrag konkret auf. Viele Hobbysportler laufen je nach verfügbarer Zeit und oft beeinflusst von Jahreszeit und Wetterlage 1-3x pro Woche. Meistens ihre Standardrunde, meistens ihr Standardtempo. Das führt dazu, dass sich der Körper absolut zuverlässig auf diese Anforderung anpasst. Es gibt für ihn absolut keinen Grund, darüber hinausgehende Fähigkeiten zu entwickeln. Du kannst das noch jahrelang so machen. Es wird dich nicht nennenswert weiterbringen weil der Impuls dazu fehlt!

Wenn dein Ziel aber ist, besser zu werden, dann ist es eben notwendig, etwas zu verändern. Viele Freizeitläufer walzen eben diese 1-3x pro Woche mit ihren Laufschuhen die Wege für 5-6 km und träumen davon, vielleicht schon im kommenden Jahr einen Halbmarathon zu schaffen. Gut so! Mit der Ausgangslage prinzipiell realistisch. Wenn du bis zu deinem Halbmarathon so weiterläufst, dann schaffst du den womöglich mit etwas Willenskraft und fühlst dich bestätigt. Mehr oder anderes Training muß nicht sein. Dein Körper, deine Muskeln, Sehnen, Gelenke sind aber völlig unzureichend drauf vorbereitet. Naja, von der Endzeit wollen wir mal gar nicht reden. Schon erst recht nicht, wenn sie dir sowieso egal ist.

Was nun?
Wir ändern in erster Linie die Inhalte deines Trainingsaufwandes. Im zeitlichen Aufwand wirst du das vor allem dann nicht bemerken, wenn du vielleicht schon mindestens 4x pro Woche wenigstens joggst. Du investierst also etwa den gleichen Aufwand wie vorher, nur mit anderen Inhalten. Dein Partner zu Hause wird das zunächst nicht bemerken, dass du was Neues machst. Du warst vorher vielleicht 45 min unterwegs und bist es jetzt auch. Einen Unterschied im Aufwand bemerkst du nur dann, wenn du bisher wirklich wenig läufst, also höchstens 1-2x pro Woche. Damit ist fast keine Weiterentwicklung möglich und das solltest du ausweiten auf Minimum 3-4 Tage. Eben wenn du dich verbessern willst!

Wird denn dann nur noch hart trainiert?
Entscheidend ist "nur noch". Klares Nein! Wenn du dich weiterentwickeln möchtest, also wie im Beispiel oben vom reinen Gelegenheitsläufer zum Halbmarathonfinisher, dann wird regelmäßig die Komfortzone verlassen und eben dabei auch anstrengend gelaufen. Es wird der Impuls zur Weiterentwicklung gesetzt. Aber maßvoll und dosiert deinen Möglichkeiten entsprechend. Ausschließlich knallhart zu trainieren führt wiederum nicht zu deinem Ziel.

Darf ich jetzt nur noch Müsli essen?
Quatsch! Kohlenhydrate sind ohnehin längst widerlegter Mist. Aber was Gesundfutter allgemein angeht, wird folgendes automatisch mit dir passieren:
Du bist klug. Und weil das so ist, ist dir klar, dass dir deine Currywurst mit 3 Bier runtergespült nach einem echt anstrengenden Training nicht viel hilft. Sogar nachteilig ist!Du hast vorher hart trainiert, dein Körper lechzt nach Bausteinen um viele fitte neue Muskelzellen aufzubauen und sonstige Weiterentwicklungsprozesse in Gang setzen zu können. Dir ist ja völlig klar, wenn du ihm das nicht gibst, hast du dich zwar heftig angestrengt, deinem Körper fehlen aber die Bausteine, um darauf zu reagieren.

Weil du clever bist, lässt du die Anstrengung deiner geleisteten Arbeit ja nicht verpuffen.

Solltest du über eine größere Geldsumme verfügen, wirst du diese ja auch nicht auf deinem Girokonto zinslos Schimmel ansetzen lassen, sondern investierst diese Summe selbst in den heutigen Niedrigzinszeiten irgendwo gewinnbringend. Ähnlich verhält es sich mit Training (Geldsumme) und Ernährung (Zinsbringende Geldanlage). Nur in Kombination wirds mehr.

Dir ist ja selbst klar, ob du in Ernährungsfragen bisher überwiegend gesündigt hast. Solltest du dich deiner Gesundheitsverantwortung gegenüber schon ein wenig schämen, ist es durchaus ratsam, einen harten Schnitt zu machen. Absolut richtig!

Meine Auffassung als erfahrener Trainer:
Ändere dein Leben so, dass du auch langfristig an deiner Lebensveränderung Spaß hast und sie nicht nach 6 Wochen wieder aufgibst, weil du dich selbst geißelst. 

Erfahrungsgemäß ändert sich dein Ernährungsverhalten mehr oder weniger von allein, wenn du nach einiger Zeit Verbesserungen deiner Fitness spürst. Die Früchte deiner Arbeit erkennst. Ein anderes Verantwortungsbewusstsein deiner Gesundheit gegenüber entwickelst.

Und was bedeutet das nun für dich als bisheriger Freizeitläufer?
Du hast meine Seite und diesen Blogbeitrag nicht bis hierher gelesen, wenn du keine Ziele im Hinterkopf hättest. Dir vorstellst, was du vielleicht schaffen könntest. Was in dir steckt. Ob du vielleicht nicht doch……

Lege den Eingangsgedanken des Extremen erstmal ab. Wenn du es ohne Coach machen willst, laufe an einem Tag der Woche deines bisherigen Trainings im Rahmen deiner Möglichkeiten recht schnell. An einem zweiten Tag recht lang (langsam!). An allen anderen deiner bisherigen Trainingstage joggst du erholsam vor dich hin. In den meisten Fällen also wie bisher. Mit Coach geht das natürlich inhaltlich substanzieller.

Aus Erfahrung kann ich dir jedoch versichern: Wenn du einige Wochen konsequent durchhältst, dann wirst du ganz sicher Verbesserungen spüren.Deine Distanzen fallen dir leichter, dein bisheriges Dauerlauftempo auch. Und dann machts mehr Spaß als bisher. Deine Lust zu laufen wird mehr. Freiwillig und ohne von dir aktiv gesteuerte Umstellung deines Lebens wirst du rein aus deinem eigenen unbewussten Antrieb heraus leichter und gesünder essen. Eine völlig normale Entwicklung. In meinen Coachings werde ich an diesem Punkt sehr oft gefragt von Läufern, die bisher nur wenig trainierten, ob sie auch zusätzliche Laufeinheiten absolvieren dürfen. Also an mehr Tagen trainieren dürfen, als auf dem Plan steht. Stell dir das mal vor!

Aus dem Kreis des damals noch existierenden heimischen Lauftreffs hier in Sibbesse haben es viele Freizeitläufer der Gruppe genauso erlebt. Auf einmal machte es Spaß. Es ging besser. Die Freude an der eigenen Entwicklung setzte ein. Und aus dieser Gruppe liefen in wenigen Jahren über 10 Sportler eines Tages Marathon. 42,195 km. Ein Ehepaar fand sogar den Einstieg in den Triathlon und finishte die Ironman-Distanz! Keine von denen hatte das vorher als Ziel. Sie haben sich aber entwickelt. Was könnte bei dir geschehen, oihne dass du das zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt denken magst?

Das Leben gegen den eigenen Willen umkrempeln und nur noch dem Laufen unterordnen? Habe ich bisher bei keinem sehen können. Solche Szenarien spielen sich offenbar nur in den Köpfen derer ab, die für wirklich alles eine Ausrede parat haben und andere Schuldige für die eigene Situation suchen.

Mein Rat an dieser Stelle: Machs doch einfach mal 6 Wochen am Stück und das konsequent. Erstmal nur diese 6 Wochen. Und dann schau wie du klar gekommen bist und wie es dir geht. Wann beginnen deine 6 konsequenten Wochen?